Osterpredigt 2011 zu Mt 28

Liebe Gemeinde,

es ist wohl so, dass sich alljährlich zu Ostern Pfarrerinnen und Pfarrer auf die Kanzeln begeben, und dann die Auferweckung Jesu Christi von den Toten mit irgendwelchen irgendwie mehr oder weniger passenden Bildern versuchen zu veranschaulichen.

Dass etwa auch die Natur gerade jetzt aufwacht, dass die Tiere längst ihren Winterschlaf hinter sich ließen.

Dass die Bäume nun ausschlagen und endlich wieder Blumen in den Gärten erblühen.


Ja, kann es denn sein, dass ein Lächeln auf der Straße eine Form der Auferweckung ist? Dass da, wo ein Mensch einem anderen Versöhnung anbietet, Auferweckung stattfindet?

Liebe Gemeinde, das wird landauf landab heute morgen zweifellos verkündigt.

Und zweifellos hat vieles davon auch seine volle Berechtigung.

Es ist schön, es ist sinnlich, es ist moralisch wertvoll. Es mag auch viel Freude mit sich bringen.

Bloß: Auferweckung ist das alles nicht!

Auferweckung geht nicht unter in den sich wiederholenden Abläufen der Natur – Auferweckung hat keine Wiederholung; sie ist einmalig.

Auferweckung geht nicht unter im sich freundlich Zulächeln – denn nach Auferweckung ist nichts mehr, wie es einmal war.

Auferweckung  geht nicht unter in der Versöhnung von Feinden – Auferweckung ist die vollkommene Versöhnung Gottes mit den Menschen und aller Menschen untereinander.

Ja, liebe Gemeinde, mit viel zu kleinen und stets nur unzureichenden Beispielen wurden Christinnen und Christen in den letzten 50 Jahren im Glauben über die Auferweckung regelrecht klein gehalten. Immer wiederkehrende Debatten darüber, ob sich das nun so oder vielleicht ganz anders zugetragen hat, machen es ja auch nicht leicht, den Glauben an dieses Unglaubliche zu wecken. Und die immer wieder kehrende Diskussion, ob der Leichnam nicht vielleicht gestohlen wurde, oder Jesus noch gar nicht tot war und dergleichen führen einen weg vom Eigentlichen der Auferstehungsbotschaft.

Es wundert mich daher nicht, dass laut einer Untersuchung des FOCUS nur noch rund ein Drittel der Deutschen an die Auferweckung Jesu Christi glauben. Wer immer nur hört, Auferweckung sei so etwas wie ein Aufblühen der Natur oder ein besonders gutmenschliches Verhalten, der benötigt den Glauben an solcher Art Auferweckung doch auch gar nicht. Das kann er jährlich neu erleben – und im Blumenladen gibt es auch zur Weihnachtszeit alle Zeugnisse dieser sogenannten Auferweckung.

70% der Deutschen glauben nicht an Auferweckung, das bedeutet auch: Rund die Hälfte unserer Kirchenmitglieder hält das Wesentliche des Christentums für unglaubwürdig, unmöglich oder gar für unnötig. Mich als Theologen erstaunt dann aber doch sehr, dass man sich auch ohne den Glauben an die Auferweckung zur Kirche dazu gehörig zählen und fühlen kann.

Positiv gewendet heißt das aber auch: Die andere Hälfte der Kirchenmitglieder glaubt sehr wohl an die Auferweckung unseres Herrn.

Es mag der Mann Jesus von Nazareth aufgeführt werden. Was er getan hat zu Lebzeiten. Liebe und Frieden war seine Botschaft vor der heraufziehenden Gottesherrschaft.

Dem stimmen beide Hälften der Christen in Deutschland zu.

Aber dieser friedliebende Heilige und Liebesapostel wäre ohne Auferweckung aus dem Grabe am Kreuz einfach nur gescheitert. Ohne Ostermorgen hat das Kreuz nunmal allein die Bedeutung eines furchtbaren Hinrichtungsinstruments. Ohne die Begegnung Jesu mit seinen Jüngerinnen und Jüngern nach der Kreuzigung wäre das Christentum nicht einmal denkbar, geschweige denn glaubbar geworden.

Auferweckung heute haben wir nicht einfach so. Auferweckung ist analogielos und entzieht sich unserem Verstehen.

Auferweckung ist und bleibt die große Verheißung an uns alle.

Wie geht es denn den ersten Zeugen der Auferweckung?

Im Osterevangelium des Matthäus sind es zwei Frauen, die mit dieser ganz neuen und unbegreiflichen Situation konfrontiert werden.

Mt 28,1.10

1 Als aber der Sabbat vorüber war und a der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.

2 Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.

3 Seine Gestalt war wie der Blitz und a sein Gewand weiß wie der Schnee.

4 Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot.

5 Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, daß ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht.

6 Er ist nicht hier; a er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat;

7 und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, daß er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach a Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.

8 Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen.

9 Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und umfaßten seine Füße und fielen vor ihm nieder.

10 Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen a Brüdern, daß sie nach Galiläa gehen: dort werden sie mich sehen.

Glaube an die Auferweckung:

Das ist doch mehr noch als ein großes Erdbeben. Das ist mehr noch als der Engel, der den Stein vor dem Grabe forträumt. Auferweckung: Das erzeugt Furcht und Freude zugleich.

Auferweckung: Das ist, wenn der verstorbene Ehemann wieder ganz da ist. Das ist, wenn die Eltern, denen ihr Kind zu früh geraubt wurde, mit diesem wieder vereint sind.

Auferweckung, das ist, wenn wir selber so zurechtgebracht werden, wie Gott uns schon immer haben wollte – und wir selber diejenigen, denen wir heute mit großen Vorbehalten begegnen, mit Freude entgegengehen.

Auferweckung: das ist die Vollendung von Gottes Schöpfung.

Liebe Gemeinde, wie das aussehen wird, das wir nicht. Wie der Herr der Auferweckung das bewerkstelligen wird, das kann keiner sagen. Was wir aber sagen können ist, dass Gott uns mit Jesus Christus ein Pfand darauf gegeben hat. Und dieses Pfand ist in unserer Welt sichtbar in Taufe und Abendmahl.

Es gibt seit einigen Jahren bei jüngeren Leuten den Brauch, vor einer Party sich schon einmal in kleinerer Runde zu treffen und in Vorfreude auf das kommende Fest schon einmal einen zu heben.

Das Ganze wird „Vorglühen“ genannt und stellt sozusagen eine kleine Vor-Party vor der eigentlichen Party dar.

Wie auch immer man im Einzelnen nun zum Vorglühen steht, so kann uns dieser neue Brauch etwas veranschaulichen:

Jesus Christus ist nicht für sich allein auferstanden. Seine Auferweckung von den Toten ist Teil von Gottes großem Plan für uns alle. Wenn man nun wieder um eine Analogie bemüht ist, dann ist seine Auferweckung, die wir im Abendmahl feiern, das Vorglühen auf das große Fest in der Ewigkeit. Beim Abendmahl jetzt gleich können wir gemeinsam vorglühen. Vorglühen hin auf die Vollendung. Und deswegen sind auch alle Christen eingeladen. Kein getaufter Mensch soll ausgeschlossen sein. Egal ob evangelisch oder katholisch, ob alt oder jung. Am Tisch des Herrn wird gemeinsam das Ewige Leben gegessen und getrunken.

Spötter und Ungläubige mögen nun anfangen zu fragen, was das mit uns hier und jetzt eigentlich zu tun hat. Den Vorwurf von armseliger Jenseitsvertröstung müssen sich die Kirchen schon länger gefallen lassen. Ich stelle dem entgegen: Der Glaube an die Auferweckung von den Toten stellt im jetzigen Leben mehr auf den Kopf als alles, was es an Weltanschauungen und Denkrichtungen auf Erden gibt.

Wer heute an die Auferstehung der Toten glaubt, wer sich gewiss ist, dass die Liebe Christi allen Schmerz, alles Leid und den Tod fortwischt, der kann so frei und so froh durchs Leben gehen, wie kein anderer. Das eigene Leben gewinnt auf einmal höchste Qualität weil es nicht mehr begrenzt und beschränkt ist auf dieses Leben. Darüber muss man sich doch riesig freuen!

Und das eigene Leben verliert endlich die Art von Ichbezogenheit, mit der wir alle durch´s Leben schreiten. Ich selber und mein kleines Wollen und Handeln sind im Bewusstsein der Auferweckung von den Toten her betrachtet nicht länger wichtig. Mich muss nichts mehr belasten. Ich bin völlig frei.

Auch hier darf ich mich riesig freuen.

Jetzt.

Heute.

Euer ganzes Leben lang.

Und am Ende der Zeiten? Dann erheben wir uns aus unseren Gräbern und blicken uns voll erstaunter Freude an, dass es genau so eingetroffen ist, wie es verheissen wurde und doch so anders, als es jeder sich ausmalte.

Und schauen dabei in Gottes lachendes Gesicht.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

  • 1. Was Auferweckung nicht ist!
    1. 70% glauben nicht an die Auferweckung
    2. Ohne Auferweckung ist das Kreuz sinnlos
    3. Was Auferweckung ist
    4. Abendmahl: Das große Vorglühen!
    5. Und jetzt sofort?