Ewigkeitssonntag 2008: Die Lügen der Tröster (2.Petrus 3,8-13)

Gnade sei mit euch und Friede von dem der da ist, und der da war, und der da kommt.

1.Die Lügen der Tröster

Nun sich das Herz von allem löste,

was es an Glück und Gut umschließt,

Komm, Tröster, Heilger Geist, und tröste,

der du aus Gottes Herzen fließt.


Liebe Gemeinde,

um die Trauer, um unsere Sorgen und Ängste, das Schwere in unserem Leben geht es in diesem Lied.

Gerade am heutigen Ewigkeitssonntag kann solch ein Lied Seelenbalsam sein. Wohl kaum ein Tag im Jahr ist so sehr vom Andenken an unsere Verstorbenen geprägt wie der heutige.

Besonders schmerzlich merken viele gerade um diese Zeit herum, dass mit dem Tod eines geliebten Menschen eine Lücke entstanden ist, die niemand schließen kann.

Wirklich: Niemand kann diese Lücke schließen. Menschen sind schließlich keine ersetzbare Massenware. So bleibt eine Wunde zurück. Und sie kann immer wieder aufbrechen.

Komm, Tröster, Heilger Geist, und tröste, der du aus Gottes Herzen fließt.

Das ist es, was uns angeboten wird. Was Gott uns anbietet. Seinen Trost. Er ist bei uns. Jetzt und hier.

Doch der Verlust eines geliebten Menschen bleibt. Wenn jemand fehlt, dann fehlt er eben auch, wenn man getröstet wird.

Und schlimmstenfalls haben Trostworte etwas Grässliches an sich. Etwas Verlogenes. „Es wird schon wieder, Kopf hoch!“ „Es gibt schlimmeres!“ „Wir sind doch für dich da, deswegen brauchst Du nicht so traurig zu sein.“

Schrecklich können sie sein, dieLügen der Tröster.

Denn manchmal, da wird es eben nicht wieder.

Der Kopf bleibt hängen.

Und für einen selber, da gibt es eben nichts Schlimmeres.

Und wenn die ganze Welt da wäre für einen – sie bringt einem den geliebten Menschen nicht zurück!

Trost, liebe Gemeinde, ist etwas Zwiespältiges. Auf der einen Seite brauchen wir ihn, denn echter Trost kommt aus echter Hoffnung.

Auf der anderen Seite kann er falsch sein, und dann lässt er einen mit schalem Geschmack im Munde zurück.

2. Vom Ich zum Du

Einsamkeit ist das, was bei Gesprächen mit Witwern und Witwen am Häufigsten beklagt wird. Einsamkeit ist das Schlimmste nach einem Verlust. Alte Gewohnheiten nicht mehr länger gemeinsam zu erledigen. Morgens aufzuwachen und der Andere fehlt.

Ein stilles Haus. Eine stille Wohnung.

Und andere Leute vertreiben einem die Einsamkeit nur für die Dauer ihres Besuchs.

Oder wenn man heimkommt: Die Stille.

Und niemand, der es nicht selber erlebt, kann wirklich nachfühlen, was es heißt, diese Qual zu erleben.

Was ist mit uns, wenn wir um einen geliebten Menschen trauern? Was kann uns da echten Trost geben?

Drehen wir die Fragerichtung einmal um. Nicht: Was ist mit uns?

Sondern: Was ist denn mit den Verstorbenen?

Was ist denn eigentlich mit den Toten, wegen derer wir traurig sind?

Wenn wir das beantworten, dann können wir vielleicht ein neues Verhältnis zu unserer eigenen Trauer bekommen.

3. Predigtext

Ich lese dazu den heutigen Predigttext 2 Petr. 3,8-13:

8 Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, daß  ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag.

9 Der Herr  verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten; sondern er hat Geduld mit euch und  will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß jedermann zur Buße finde.

10  Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann  werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und  die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.

11 Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müßt ihr dann dastehen in heiligem Wandel und frommem Wesen,

12 die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und erstrebt, an dem die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden.

13 Wir warten aber auf  einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung,  in denen Gerechtigkeit wohnt.

4. Wo sind unsere Toten 1

Zwei Dinge sind es, die wir direkt aus dem Text mitnehmen können.

Gott rechnet in anderen Maßstäben als wir. Vor ihm sind 1000 Jahre wie ein Tag. Und ein Tag wie 1000 Jahre.

Dass wir hier auf Erden leben und die Erde sich weiterhin mit uns dreht, das hat mit Gottes Barmherzigkeit zu tun.

Diese beiden Dinge müssen wir im Hinterkopf behalten, wenn wir uns der Frage stellen, was eigentlich mit den Verstorbenen ist. Wo die sind.

In der Antike:

Unterwelt / hades

Styx/ Münze

Schattendasein. Nicht ganz tot, Abglanz der Lebenden

Skeptiker:

Wir wissen es nicht. Darüber machen wir keine Aussagen.

Epikur:

Es spielt keine Rolle: Wenn wir leben, sind wir nicht tot, wenn wir tot sind, leben wir nicht.

Hinduismus / Buddhismus:

Wiedergeburt

Islam:

Paradies und sieben Himmel

5. Wo sind unsere Toten 2

Und im Christentum?

Lange dachte man, dass der Mensch eine unsterbliche Seele hat.

Dass sie nach dem Tod in den Himmel hinauf fliegt. In vielen Filmen, in vielen Romanen wird mit dieser Vorstellung bis heute gespielt.

Dabei ist sie alles andere als christlich.

Die Trennung von Leib und Körper geht auf die griechische Philosophie zurück.

Wenn man die Bibel ernst nimmt, dann wird man rasch feststellen: Es geht immer um den ganzen Menschen.

Das eine geht nicht ohne das Andere.

Spätestens durch die moderne Hirnforschung und Neurologie in den letzten Jahren ist diese biblische Erkenntnis um den Menschen, wie er ist, bestätigt worden.

Mensch sein heißt immer körperlich sein.

Die Konsequenz daraus ist hart: Wenn ein Mensch stirbt, so stirbt er ganz.

Den Tod nehmen wir dann ganz und gar ernst:

Das merken wir in unserer Trauer, das sehen wir im Ritus der Beerdigung: Wir beerdigen unsere Verstorbenen. Ganz und gar.

Sie sind unserem Zugang entzogen.

Von der Vorstellung einer Seelenwanderung in den Himmel sollten wir uns frei machen.

So befreit können wir unsere eigene Trauer auch viel besser verstehen.

Was uns bleibt, sind gute und schmerzliche Erinnerungen. Fotos, Gerüche an Kleidungsstücken, die Geschichte eines gelebten Lebens.

Dennoch ist das nicht alles, wenn ein Mensch gestorben ist.

Im Johannesevangelium spricht Jesus Christus vom Ewigen Leben der Gläubigen.

Und unser heutiger Predigttext spricht vom Ende aller Dinge, wenn Gott alles neu machen wird.

Und alle biblischen Bilder haben eines gemeinsam:

Gott führt über den Tod hinaus die Menschen zu seinem Ziel.

Und dieses Ziel ist nicht der Tod, sondern das Leben.

Es bleibt etwas vom Alten. Es wird etwas neu gemacht werden.

Und auch wenn der Verstorbene ganz tot ist, so hat er in der Ewigkeit Gottes doch bereits Anteil am Ewigen Leben. Wenn 1000 Tage für Gott sind wie ein Tag, dann heißt das doch vor allem eines: Gott zählt und rechnet anders als wir.

Er ist barmherzig mit uns, er nimmt uns alle hinein in seine Ewigkeit, die für uns hier und jetzt schon begonnen hat!

Es gilt für uns das, was uns durch Jesus Christus gezeigt worden ist.

Er selber ist gestorben am Kreuz. Doch ist er nach drei Tagen auferweckt worden aus dem Tod und wir werden ihm darin folgen.

Das ist die Frohe Botschaft für jeden Tag, liebe Gemeinde.

Und ein echter Trost.

Wir sind mitten drin in Gottes Ewigkeit. Von unseren Verstorbenen trennt uns nur die Ewigkeit Gottes, die für uns schon angebrochen ist.

Die Offenbarung des Johannes beschreibt diesen Trost mit hellstrahlenden Vision:

Offb 21,1-7

21, 1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.

2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.

3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein;

4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.

5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß!

6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.

7 Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.

Amen.